Der fast vergessene Speierling

Speierling
Seltener Anblick: ein ca. 150 jähriger Speierling

Herkunft und Verwendung

Der Speierling (Sorbus domestica) ist eng mit der Eberesche verwandt und zählt wie diese zur Familie der Rosengewächse. Bereits die Römer brachten das wärmeliebende Obstgehölz aus dem Balkan über die Alpen in unsere Breiten. Auch Karl der Große erließ in seiner „Capitulare de villis vel curtis imperii“ das Gebot, Speierlinge im Reich zu pflanzen, da er bereits von der Heilwirkung der Früchte bei Ruhr und Erbrechen (daher vielleicht der „deutsche“ Name Speierling) und den besonderen mechanischen Eigenschaften des harten Holzes wusste. Der Name „Sorbus“ leitet sich vermutlich von „sorbere“ für „schlürfen“ ab, was wir (fast) Hessen natürlich wieder sofort verstehen, da wir ja den Speierling aus unserm Ebbelwoi kenne.
Die bis zu fünf prozentige Zugabe vom gerbstoffhaltigen Speierling klärt den Frankfurter Ebbelwoi, sorgt für einen besonders herb-spritzigen Geschmack und macht ihn zudem länger haltbar. Da der echte Speierling inzwischen sehr selten geworden und aufwändig zu ernten ist, verzichten einige Hersteller zunehmend auf das „gewisse Extra“ im Ebbelwoi.

Speierlingbrände werden von Liebhabern besonders geschätzt. Kenner beschreiben den Brand von Michael Mayer (siehe unsere Partner: Destilleum) wie folgt:

Intensive Fruchtaromen mit lakritzigen und schokoladigen Noten
verträgt das kräftige Marzipan gut
gaumenfüllend und dicht, fast explosiv im Nachhall

Der Preis von über 125€ für 50cl Brand zeigt, wie wertvoll die Früchte des Speierlings auch heute noch sind, wenn Profis sie verarbeiten.

Speierling
Reife Früchte des Speierling
Creative Commons Lizenz, Namensnennung
Quelle: BotBln, https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Sorbus_domestica_FruitsLeaves_BotGardBln0906a.JPG

Bedrohte Art

Mit nur noch wenigen Exemplaren galt der Speierling in Deutschland um 1990 als beinahe ausgestorben, konnte jedoch durch einige Bemühungen vorerst gerettet werden. Da der Baum nur sehr langsam wächst, kann er sich im Wald kaum gegen die Konkurrenz durchsetzen. Der bevorzugte Lebensraum, die lichten Streuobstwiesen und der Übergang von Wald zu Feld, wurde leider in den letzten Jahrzehnten weitgehend zerstört. Damit ist der Speierling auch zunehmend verdrängt worden.

Drei neue Bäume auf den Projektflächen

Da der Speierling besonders wärmeliebend ist und auch mal längere Trockenphasen sehr gut übersteht, bin ich der Meinung, dass diese Art ideal für das sich ändernde Klima geschaffen ist. Die bis zu 300 Jahre alt werdenden Bäume mit ihrem tiefgreifendem Wurzelsystem werden noch einige Veränderungen ohne uns erleben. Wir haben nun für drei Exemplare den Startschuss gegeben und diese vergangene Woche gepflanzt. In etwa 15 Jahren werden wir bei den so langsam wachsenden Bäumen die ersten Früchte erwarten. So ist es eben, eine Generation pflanzt für die nächste….

Streuobstwiese Speierling
Junger Speierling im Naturschutzgebiet Ried

Vielen Dank an die fleißige Helferin 🙂

Speierling
Angebunden, gegossen und mit Verbisschutz für die ersten Jahre geschützt

Bis zum nächsten Mal, VG

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert